Transnationaler Transfer nach China – ein Erfahrungsbericht

Krass e.V. möchte Kindern und Jugendlichen weltweit die Chance geben, über das Medium Kunst und durch die Vermittlung kultureller Bildung eine starke Persönlichkeit zu entwickeln, ihre Talente zu entdecken. Die Organisation hat inzwischen in China Fuß gefasst – dort wird es NGOs nicht immer leicht gemacht.

Zur Verbreitung unserer Vision, Kinder in jeder Hauptstadt der Welt zu erreichen, nutzen wir das Verfahren des Social Franchising. Das Konzept von Krass e.V., die Strategie und das operative Modell, werden an lokale, unabhängige Organisationen und private Interessenten weitergegeben, die als Projektnehmer unabhängig und eigenverantwortlich bei der regionalen Umsetzung agieren.

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So hat Krass e.V. auch einen Standort in Shanghai aufgebaut. Zielgruppe sind vor allem die in prekären Situationen lebenden Kinder von Wanderarbeitern. Seit Oktober 2012 bieten wir jede Woche in Schulen und Kindergärten kreative Aktivitäten aus den verschiedensten Kunstgattungen an. 2.500 Kinder haben wir bereits erreichen können.

Andere Rahmenbedingungen

Um dabei die Herausforderungen, die mit gemeinnütziger Arbeit in einem kommunistischen Land verbunden sind, meistern zu können, operieren wir in Shanghai unter dem Dach der Shanghai Charity Foundation, einer staatlichen Dachorganisation sämtlicher vor Ort tätigen Non-Profit-Organisationen. Ohne das Wohlwollen dieser Institution wäre keine Arbeit in Shanghai möglich. Vorgabe der Institution ist es, dass wir innerhalb eines Jahres 50.000 Euro einwerben müssen – dies gilt als Beleg für die Professionalität und Ernsthaftigkeit des Projekts.

Zentral für den Erfolg in einem Land, in dem man nicht auf öffentliche Mittel hoffen sollte, ist es, Vertreter von vor Ort tätigen Unternehmen für das eigene Konzept zu begeistern und sie als Unterstützer zu gewinnen. Dies ist Krass e.V. durch starkes und nachhaltiges Networking bisher sehr gut gelungen.

Entscheidend sind immer wieder die persönlichen Kontakte. So habe ich bei einem Termin mit der Deutschen Schule einen vermögenden chinesischen Unternehmer kennengelernt, der eine Kunstschule finanziert. Er war spontan von unserem Projekt begeistert und stellt uns nun nachmittags Räume in seiner Einrichtung zur Verfügung in denen wir mit besonders interessierten Schülern arbeiten.

Das Gründungsverfahren

Der Aufbau des Standortes Shanghai erfolgte, wie auch bei den anderen Standorten von Krass e.V., in einem fünfstufigen Gründungsverfahren. Zunächst wird der Organisation oder dem Interessenten die Vision und das Konzept zur Umsetzung von Krass e.V. vor Ort vorgestellt. Anschließend führen wir ein Gründungsgespräch, in dem wichtige Fragen zur Finanzierung, zur Erreichung der Zielgruppen und zum Networking geklärt werden. Sind alle Details für die Umsetzung vor Ort geklärt, wird ein Franchise-Vertrag abgeschlossen und das Handbuch, das inzwischen über 100 Seiten umfasst, übergeben. Darin vermitteln wir dem Projektnehmer Grundlagenwissen über Organisationsführung, Projektplanung, pädagogische und künstlerische Standards, Methoden zur Erreichung der Zielgruppen und über die Umsetzung eines lokalen Marketings. Zum Auftakt richtet der Projektnehmer eine Eröffnungsveranstaltung aus, zu der Kinder und Jugendliche, deren Familien sowie Vertreter lokaler öffentlicher Träger und Organisationen geladen werden. Ich begleite die Standorte dann ca. zwei Jahre mit Rat und Tat, dann werden sie in Unabhängigkeit entlassen.

In Shanghai konnten wir eine Kommunikationswissenschaftlerin aus Österreich als Franchise-Nehmerin gewinnen. Sie hatte schon seit 2008 den Verein Krass punktuell unterstützt und hatte auch schon chinesische Künstler gefunden, die im Auftrag von Krass mit Schülern arbeiten. Sie hat die Arbeitsweise von Krass von der Pike auf gelernt. Damit werde ich enorm entlastet und kann mich dem weiteren Ausbau in China und anderen Ländern kümmern und mich den bestehenden Standorten in Deutschland, Belgien und demnächst Österreich sowie Italien widmen.

Ganz wichtig für die weitere Verbreitung des Projekts innerhalb Chinas ist das Sponsoring des Unternehmens Stabilo. Das Unternehmen, das Krass in Shanghai fördert, stellt beispielsweise wichtige Kontakte in Harbin, Anhui und Wuhan her und unterstützt finanziell den dortigen Projektstart von Krass.

 

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Claudia Seidensticker

Claudia Seidensticker ist Gründerin des Vereins KRASS e.V. und Vorstandsvorsitzende der von ihr gegründeten Stiftung Kultur für Kinder. Mittlerweile arbeiten über 90 Ehrenamtliche aus den unterschiedlichen Professionen im Sinne der Mission: „Man muss das Rad nicht immer neu erfinden.“ Die Konzepte werden an Initiatoren in anderen Städten im Rahmen eines Social Franchise weitergegeben.

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