Beteiligung: Geflüchtete und regionale Netzwerke zusammenbringen

Das Icon, das für Session-Dokumentationen steht.Michel Brehm vom AWO Kreisverband Stormarn auf dem openTransfer CAMP #Patenschaften am 25. März 2017 in Schwerin

Die AWO in Stormarn versucht, Netzwerke von Helferinnen und Helfern sowie Geflüchtete zusammenzubringen. In der Session diskutierte Michel Brehm, wie die Vermittlungsarbeit zwischen Netzwerken aussehen und wie sie ausgebaut werden kann.

In jeder Gemeinde im Kreis Stormarn in Schleswig-Holstein gibt es ein Netzwerk, das aus verschiedenen Akteuren der Verwaltung, hauptamtlichen sowie ehrenamtlichen Flüchtlingsinitiativen bestehen. Daneben gibt es die meist wenig organisierte und sehr heterogene Gruppe der Geflüchteten. Das Problem: Es gibt kaum Überschneidung zwischen diesen Gruppen und keine Beteiligung in den jeweils anderen Netzwerken. Die AWO in Stormarn hat daher die Initiative „MoBB – Flucht und Asyl mobile Beratung und Begleitung im Kreis Stormarn“ gestartet. Ziel des Modellvorhabens ist die Vermittlung und „Übersetzung“ zwischen den Netzwerken.
Netzwerke aus Verwaltung und Flüchtlingsinitiativen entwickeln Angebote, um Geflüchteten das Ankommen und die Integration zu vereinfachen. Doch nicht alle Angebote werden gleichermaßen angenommen. Warum manche Angebote funktionieren und andere nicht – das ist für die Netzwerke oft schwer nachvollziehbar. Die eigentliche Zielgruppe könnte darüber Auskunft geben, ist aber nicht ausreichend einbezogen. Im Rahmen der Initiative MoBB setzt der AWO Kreisverband Stormarn Vermittler ein, die zum einen die Bedarfe der Zielgruppe kennen und „übersetzen“, also in die Helfer-Netzwerke hineintragen. Zum anderen informieren sie die Geflüchteten über bestehende Angebote.

Ein Mann steht an einer FlipChart und erklärt etwas.

Entwicklung von Beteiligungsprozessen
Für die Vermittlertätigkeit wurden auch Geflüchtete gewonnen, die direkt in die Unterkünfte gehen. Aber auch andere Aktivitäten helfen dabei, zu erfahren, was Geflüchtete brauchen, etwa wenn Familien Geflüchtete an Weihnachten einladen und ins Gespräch kommen. Diese Informationen werden an die Netzwerke aus Verwaltung und Initiativen zurückgespiegelt. Daraus entstehen dann konkrete Aktivitäten.
Auch in Bautzen, so berichtete ein Teilnehmer, werden Beteiligungsprozesse aufgebaut. Neben Gesprächskreisen, in denen alle Beteiligten zusammenkommen, wird momentan ein Flüchtlingsrat aufgebaut, eine Initiative von Geflüchteten, bei der sie selber über die Lösung von Problemen diskutieren und mit der Politik sprechen.

Herausforderungen bei Beteiligungsprozessen
Doch Beteiligungsprozesse sind problematisch, wenn sie zum Selbstzweck werden, so ein Teilnehmer. Es muss auch gemessen werden, welche Veränderungen sie bringen. Netzwerken ist nicht selten zeitintensiv und sollte einen Ertrag bringen.
An einem Beispiel aus Stormarn wurde dies deutlich. Geflüchtete hatten berichtet, dass Deutschkurse eher nachmittags stattfinden sollten, weil sie in den Unterkünften nachts schlecht schlafen und dadurch morgens zu müde für die Kurse sind. Diese Information wurde an die Betreiber der Angebote zurückgespielt, und die Kurse wurden entsprechend verlagert. Um zu erfahren, ob dieser Beteiligungsprozess zu einem besseren Ziel geführt hat, müsste nun überprüft werden, was sich verändert hat. Sind Geflüchtete nun weniger müde und aufmerksamer? Erst wenn Netzwerke merken, dass das, was der Vermittler berichtet, zu einer verbesserten Wirkung führt, haben sie ein Eigeninteresse, diese Vermittlerrolle aufrecht zu erhalten und zu stärken.
Eine weitere Herausforderung wurde in der Art der Finanzierung von MoBB gesehen. Da die Vermittler nicht aus dem Topf der Netzwerke gezahlt werden, besteht kein langfristiges Interesse, dass die Prozesse tatsächlich funktionieren. Besser wäre, wenn die Netzwerke „Auftraggeber“ wären. Dafür müssten aber auch die Netzwerke formaler zusammenrücken. Im Sinne des Collective Impacts sollten Kooperationen geschaffen werden, in denen die Akteure sich zur Zusammenarbeit verpflichten und Ressourcen teilen.
Obwohl die Teilnehmenden sich einig waren, dass die Beteiligung von Geflüchteten notwendig ist, sahen manche auch ganz praktische Herausforderungen. So würden Deutsche bei Treffen häufig sehr schnell reden. Geflüchtete, die in der deutschen Sprache noch nicht sicher sind, kommen dann nicht mit und können sich nicht einbringen.
Außerdem sind die Vertreterinnen und Vertreter der Netzwerken auch immer Teil anderer Strukturen, die mitunter Änderungen erschweren können, weil zum Beispiel vom Arbeitgeber besondere Vorgaben bestehen.

http://www.awo-stormarn.de/

Foto: Andi Weiland

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Julia Meuter

Julia Meuter arbeitet als Leiterin Transferberatung bei der Stiftung Bürgermut. Zuvor war sie bei der EVPA tätig und leitete beim Bundesverband Deutscher Stiftungen das „Social Franchise Projekt“ sowie „Effektn –Methoden erfolgreichen Projekttransfers“. Sie hat ein umfangreiches Wissen zu Fragen der systematischen Skalierung von Gemeinwohllösungen und ist Autorin zahlreicher Publikationen und Praxis-Ratgeber zum dem Thema.

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