Infaction: Integration durch BMX fahren

Session von Marcel Heinrich, Infaction, beim openTransfer CAMP #Ankommen am 24.09.2016 in Düsseldorf

In der Session stellte Marcel Heinrich vor, wie die Trendsportart BMX bei der Integration junger Geflüchteter helfen kann und berichtete über das Netzwerk, das Infaction aufgebaut hat, um jungen Geflüchteten „BMXen“ zu ermöglichen.

Vielen jungen Geflüchteten, die in Erstunterkünften untergebracht sind, fehlen interessante Möglichkeiten, ihre Freizeit zu gestalten. Hier setzt Infaction an. Gestartet ist das Projekt, bei dem u. a. mit jungen Geflüchteten BMX gefahren wird, vor allem als Freizeitangebot. Es soll aber in Zukunft vermehrt um pädagogische Elemente ergänzt werden.

Ein junger Mann mit Bart erklärt etwas.

Vorteil Trendsport
Marcel Heinrich berichtete, dass Sport insgesamt ein gutes Instrument zur Integration sei, insbesondere für diejenigen Geflüchteten, die weniger kommunikativ seien. Bei Trendsportarten wie BMXen kämen aber weitere Vorteile hinzu. So sei das Fahren mit BMX-Rädern nicht nur ein Sport, sondern vor allem auch eine Jugendkultur. Trendsportkulturen seien meist im links-alternativen Milieu angesiedelt und offen. Zudem böten diese Szenen eine Form der Gemeinschaftsbildung, die sehr gut in moderne Gesellschaften passe: Individualität und freie Entscheidung über den Umfang würden betont. Ein besonders großer Vorteil sei auch das hohe Maß an Selbstbestimmung, da es bei Trendsportarten, anders als bei anderen Sportarten, keinen Trainer gebe. Es liege also im Ermessen des Einzelnen, was gewagt und sich zugetraut werde. Das sei aus zweierlei Gründen von Bedeutung. Zum einen erlebten viele junge Geflüchtete den Alltag, z. B. in der Schule oder bei Ämtern, als fremdbestimmt. Und das, nachdem sie eine lange Flucht hinter sich haben, auf der sie ganz viele Entscheidungen selbst getroffen hätten. BMXen ermögliche ihnen also selbstbestimmtes Handeln und Erfolgserlebnisse. Zum anderen stehe selbstbestimmtes Handeln im Kontrast zu eher traditionellen Kulturen, aus denen viele junge Geflüchtete kämen. Selbstbestimmtes Handeln könne daher dazu dienen, die Geflüchteten an die eher moderne Kultur des Aufnahmelands heranzuführen.

Das Angebot verbreiten
Gestartet ist das Angebot in Köln, wo ein Kreis von Ehrenamtlichen aufgebaut werden konnte und eine Kooperation mit dem örtlichen Deutschen Roten Kreuz eingegangen wurde, das eine Erstunterkunft betreut. Aufbauend auf bestehenden Netzwerken, die Infaction im Rahmen von BMX-Events aufgebaut hat, konnte das Projekt auch an andere Orte gebracht werden. So kann das Angebot derzeit in Köln regelmäßig durchgeführt werden, in anderen Städten etwas seltener. Marcel Heinrich erzählte, dass, während das Angebot zunächst in Erstunterkünften durchgeführt wurde, es nun an der Zeit sei, es auch an anderen Orten anzubieten. Es würden daher Kooperationen mit Wohnprojekten gesucht.

Bei der Verbreitung des Angebots sei es jedoch herausfordernd, dass es sich bei der Trendsportart BMX stärker um eine Jugendkultur handele als um einen organisierten Sport. Denn so fehle es an Verbands- und Vernetzungsstrukturen, die die Verbreitung erleichtern würden. Eine weitere Herausforderung seien wie so oft die knappen finanziellen Ressourcen. Ein Set von BMX-Rädern, das für das Angebot notwendig sei, wäre für viele Jugendtreffs oder andere Akteure, die das Angebot durchführen wollten, nicht erschwinglich. Bei den bestehenden Angeboten würden diese Kosten meist von den Trägern der Flüchtlingshilfe übernommen.

http://www.infaction.de/

Foto: Thilo Schmülgen

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Johanna Voll

Johanna Voll studierte Interkulturelle Europa- und Amerikastudien in Halle (Saale) sowie Soziokulturelle Studien an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), wo sie mittlerweile als akademische Mitarbeiterin tätig ist. Zuvor hat sie u.a. in der Onlineredaktion vom BBE (Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement) die Social Media-Kanäle betreut. An der Viadrina beschäftigt sie sich nun mit der Reorganisation von Erwerbsarbeit in der Wissensgsellschaft und untersucht das Phänomen Coworking und seine Räume. Besonders spannend findet sie auch die Schnittstellen von Social Media und Wissenschaft und versucht genau das den Studierenden zu vermitteln.

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